Summende Superhelden

Ohne Bienen wäre die Welt ärmer. Sie bestäuben Blumen, halten das Ökosystem im Gleichgewicht. Klar. Aber wussten Sie, dass Bienen uns auch helfen können mit unserem Plastik-Problem, verfallenden Städten und sogar dem Elefanten-Sterben fertig zu werden?

Es ist keine Übertreibung, wenn man behauptet Bienen hielten die Welt in den Fugen. Ohne Bienen gäbe es beinahe keine Pflanzen, keine funktionierende Landwirtschaft. Zwei Drittel unserer heimischen Flora sind auf ihre Bestäubung angewiesen. Sterben die Insekten, bleiben die Regale in unseren Supermärkten leer. Tatsächlich ist die Lage ernst. Denn obgleich wir beginnen zu verstehen, was zum langsamen Verschwinden vieler Bienenarten führt, scheint die Lösung des Problems in weiter Ferne. Wie sehr die Bienen und ihr Schicksal mittlerweile auch ganz bewusst im Alltag angekommen sind, zeigt das erfolgreiche Volksbegehren zu ihrem Schutz in Bayern. Aber Bienen zu retten, heißt vielleicht weit mehr als wir bisher glaubten. Denn die Biene vermag am Ende auch uns zu retten! Drei Beispiele zeigen, wie die Insekten uns bei Problemen helfen können, die auf den ersten Blick nichts mit ihnen zu tun haben:

  1. Bioplastik aus der Bienenwaben

Die geometrischen Waben der Bienennester erscheinen ohnehin wie natürliche Kunstwerke. Doch nun interessieren sich neben Biologen auch Ingenieure für die Nester der Insekten. Das neuseeländische Startup “Humble Bee” hat es sich zur Mission gemacht, umweltschädliche Kunststoffe durch von der Natur inspirierte, nachhaltige Materialen zu ersetzen. Inspiriert vom Nistmaterial der einheimischen Maskenbiene, arbeitet man dort sehr erfolgreich an einem Plastikersatz.

Anders als die meisten Bienen, ist die Maskenbiene aber eine Einzelgängerin. Ihr Nest baut sie in meist schon vorhandenen Felsspalten oder kleinen Höhlen. Dabei ist das Biopolymer der Nester so reißfest, wasserabweisend und belastbar wie Plastikfolie, jedoch weit weniger schädlich für die Umwelt. Die Idee der Neuseeländer ist, dass ihr Material vor allem bei Camping- und Outdoorausrüstung eine sinnvolle Alternative darstellen kann. Denn Menschen, die gerne Natur genießen, wären auch interessiert daran, Produkte zu verwenden die ihr nicht schaden. Ein guter Plan!

  1. Von der Autostadt zum Bienenparadies 

Einst Inbegriff des industriellen Aufschwungs in den USA und untrennbar mit dem Automobilbau verbunden, ist Detroit heute ein Symbol für den Niedergang von Städten in Folge rasanten Strukturwandels in Wirtschaft und Arbeitswelt. Lange galt die größte Stadt im Bundesstatt Michigan als verloren. Die Detroiter selbst hingegen haben sich nie aufgegeben. Im Gegenteil: Mit viel Leidenschaft und Einfallsreichtum erobert man Stück für Stück Lebensqualität zurück. Bereits seit mehr als 10 Jahren gehört Detroit nun zu den weltweiten Vorreitern des “Urban Farming”. Als Reaktion auf Verwahrlosung und Armut, begann man überall in der Stadt Gärten und Farmen anzulegen.

Zu den ebenso stolzen wie stoischen Detroitern gehören auch  Fotograf Timothy Pauleund seine Partnerin Nicole Lindsey. Vor ein paar Jahren kauften die beiden von der Stadt ein 3000 Quadratmeter grosses brachliegendes Grundstück für gerade einmal 340 Dollar. Dort fand sich zwar allerlei Müll, aber das hielt die zwei nicht von ihrem Plan ab: Mit zwei Bienenschwärmen wurde aus dem Fotografen ein Hobby-Imker und, so hoffte das Paar, die Stadt bald nicht nur schöner sondern auch gesünder. Denn auf die Idee kam Paule als er in den Monaten zuvor, unter einer schweren Erkältung leidend, die Vorzüge lokalen Honigs entdeckte. Das führte schließlich nicht nur zur ersehnten Genesung, sondern machte aus ihm schließlich einen Experten in Sachen Bienen. Nach einigen Imkerkursen und langer Recherche zu den gesundheitsfördernden Effekten des Honigs, legten sich die beiden Bienenfreunde schließlich ein ganz neues Lebensmotto zu: Work hard, stay bumble! (Arbeite hart, summ weiter!)

Heute beleben weit mehr als nur die ersten Völker die Stadt. Paule und Lindsey nutzen sie auch, um Kindern und Stadtbewohnern zu erklären, warum Honigbienen so wichtig sind und was ihnen das Leben gerade schwer macht. (Pestizide, Schädlinge, Verlust natürlicher Lebensräume). Bauern aus der Umgebung mieten jedes Jahr Bienenvölker, weil sie bereits jetzt in der Natur fehlen um alle Obst- und Gemüseplantagen zu bestäuben. Paules Ziel: 200 Schwärme. Am liebsten würde er sein Hobby gerne mit so vielen Detroitern wie möglich teilen. Mit “Sponsor-a-Hive” Programmen sollen andere Städter angespornt werden, für 100 Dollar pro Grundstück selbst Teilzeit-Imker zu werden.

Seit Michelle Obama vor mehr als 10 Jahren einen Schwarm im Weissen Haus ansiedelte, haben schliesslich immer mehr Städte das private Bienenhaltungsverbot abgeschafft. Initiativen wie die von Paule und Lindsey gibt es mittlerweile aber nicht nur in Detroit und New York, sondern auch in Paris, London, Hong Kong sowie Sydney. Der Hobby-Imker Boom ist natürlich längst auch in der deutschen Hauptstadt angekommen. Ein Erfolg ist das Projekt für Detroit in jedem Fall. Bienenfreundliche Blumenbeete auf zuvor verlassenen Grundstücken beleben die Quartiere und vom Honig profitieren lokale Restaurants und sogar Destillerien. Solange es Menschen wie Timothy Pauleund Nicole Lindsey gibt, hat die Biene jedenfalls eine Chance!

  1. Bienen als Elefantenschreck

Für Kenia sind Elefanten Segen und Fluch zugleich. Denn während die grauen Riesen den Tourismus ankurbeln, bringen sie die Bauern des Landes immer wieder in Bedrängnis. Die wandernden Herden können gut und gerne eine Jahresernte innerhalb weniger Stunden vertilgen. Mit drastischen Maßnahmen versucht man dem Hunger der Rüsseltiere entgegen zu kommen: Um ihre Felder zu schützen, nutzen die Bauern Sprengsätze ebenso wie das Gewehr. Keine gute Lösung, dachte die in Somalia aufgewachsene Forscherin Lucy King und entdeckte schließlich eine bessere: Natürlich! Bienen.

Denn mindestens so groß wie ihre Körpermasse, ist die Angst der Elefanten vor den kleinen Quälgeistern. Denn mag ihre Haut noch so dick sein, Gesicht und Rüssel sind vor schmerzhaften Stichen nicht gefeit. Afrikanische Bienen gehen ohnehin um einiges wilder zur Sache als ihre europäischen Verwandten und so besteht für die Kälber der grauen Riesen sogar Lebensgefahr, wenn ein Schwarm ihnen zu nahe kommt. Bereits die Tonaufnahme von Bienensummen schlägt selbst den stoischsten Dickhäuter in die Flucht. Lucy Kings Idee ist deshalb verblüffend simpel: Auf mit Draht verbundenen Holzpfosten rund um die Farmen sind Bienen angesiedelt. Berührt ein Elefant den Draht, schwingen die Bienenstöcke und ihre Bewohner schwärmen aus. Kaum ein Dickhäuter, der nicht auf der Stelle kehrt macht.

In den Gegenden wo diese Zäune stehen, sollen sich die Zwischenfälle mit Elefanten bereits um mehr als 80% verringert haben. Das Projekt ist so erfolgreich, dass nun auch weltweit Universitäten und Naturschutzorganisation gemeinsam mit Lucy King an der Idee arbeiten. Die Bauern freut das natürlich. Nicht nur weil ihre Ernte sicher ist, sondern auch weil sie jetzt noch ein ganz neues Produkt anbieten können. Deutlich lesbar steht es auf dem Etikett: Elefantenfreundlicher Honig.

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