Artenvielfalt ade? — Warum es hiesige Bienen schwer haben

Bayern kann was! Nein, es geht uns nicht um Sportliches! Im südlichsten Bundesland hat es ein Volksbegehren zum Artenschutz in den Landtag geschafft. Doch wie sinnvoll ist die Forderung nach mehr ökologischer Landwirtschaft und weniger Pestiziden in der Praxis?

Die Zeit war knapp, 950.000 Unterschriften ein stolzes Ziel. Am Ende ging alles gut – das Volksbegehren Artenvielfalt hat im Februar alle Hürden genommen. Jetzt ist der bayrische Landtag am Zug. Eine Premiere in Deutschland. Das Anliegen: Durch Änderung des Naturschutzgesetzes dem Insektensterben Einhalt gebieten und die Artenvielfalt retten. Aber sind die Vorschläge aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll? Und was bedeutet die Initiative für das Leben der Bienen? Wir haben die wichtigsten Fakten zusammengetragen:

 Braucht es die kleinen Krabbeltiere überhaupt? Ja, ja und ja! Keine Tiergruppe ist so divers wie die der Insekten. Sie sind Grundlage gesunder Ökosysteme und dienen zahlreichen anderen Tieren als Nahrung. Fehlen die Insekten, gibt es bald auch weniger Fische, Frösche, Eidechsen, Vögel und Säugetiere. Zu denen gehören im Übrigen auch wir! Dass ohne Bestäubung ebenso die heimische Flora verloren ist, müssen wir kaum erwähnen, oder?

Warum sprechen wir dann immer nur über Bienen?  Alte Marketing-Regel: Jede gute Kampagne braucht ein Gesicht. Bienen sind die Sympathieträger unter den Insekten und für Naturschützer seit Jahren dankbare Helfer, um auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen. Deshalb lautete das Motto des bayrischen Volksbegehrens auch “Rettet die Bienen!”. Nicht zuletzt wegen ihrer Rolle als Honigproduzent und Bestäuber verbinden die meisten Menschen mit ihnen vor allem Gutes! Wir sollten aber nicht vergessen, dass es neben der Honigbiene mehr als 570 wilde Bienenarten und tausende andere Insekten gibt, die ebenso ihre Arbeit als Bestäuber verrichten.

Aber dieses Bienensterben – das sind doch nur Fake News, oder? Tatsächlich wird der Begriff “Bienensterben” in der öffentlichen Debatte um die Artenvielfalt oft politisch verwendet. Das damit beschriebene, flächendeckende Aussterben der Bienen ist wissenschaftlich betrachtet, zum Glück, noch nicht belegbar. Dennoch steht rund die Hälfte der hiesigen Wildbienenarten auf der Roten Liste und man muss damit rechnen, dass jede dritte Art in den kommenden 25 Jahren ausstirbt. Wahr ist aber auch, dass die Honigbiene selbst davon vermutlich nie bedroht sein wird: Denn wegen ihrer kommerziellen Nutzung, kann sie, solange es Imker gibt, auch nicht aussterben. Nur neun der rund 25.000 existierenden Bienenarten zählen zu den Honigbienen. Sie allein sind aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn es um die Bestäubung natürlicher und Nutzpflanzen geht.

Und die anderen Insekten? Geht es wenigstens denen gut? Das die Zahl einzelner Arten in manchen Gebieten stark abnimmt, ist ein messbarer Fakt. Allerdings fehlen schlicht umfassende wissenschaftliche Daten, um in Deutschland auf ein größeres Problem schließen zu können. Was wir sicher wissen: Vor allem die Spezialisten unter den Insekten, also solche die beispielsweise nur den Nektar einer Pflanze trinken, scheinen langsam zu verschwinden. Generalisten hingegen nehmen hier und da in Ihrer Zahl sogar zu. Allgemein ist sich die Wissenschaft aber einig, dass sich die weltweite Biomasse aller Insekten in den vergangenen Jahren verringert hat. Eine aktuelle Arbeit, die Daten aus über 70 Studien einbezieht, kommt zum Schluss, dass 40 Prozent aller Arten rückläufig und ein Drittel bereits jetzt vom Aussterben bedroht sind.

Warum ist das so?Die Hauptgründe für den Verlust der Vielfalt sehen die Autoren der Übersichtsstudie im Verlust von natürlichem Lebensraum und intensiver Landwirtschaft sowie zunehmender Urbanisierung. Auf vermeintlichen schönem englischen Rasen oder umgepflügten Ackerrandstreifen, finden Insekten weder Essbares noch Nistplätze.

Zudem setzen der Klimawandel und invasive, teils im Zuge der Globalisierung verbreitete Arten den heimischen Spezies zu.

Doch auch der Einsatz von Pestiziden sowie synthetischer Düngemittel spielt laut der Forschergruppe eine große Rolle. Pestizide meint hierbei chemische Stoffe, die als schädlich betrachtete Pflanzen oder Tiere beseitigen oder im Wachstum hemmen sollen. Dazu zählen auch die sogenannten Neonicotinoide.Das Problem:Gerade diese scheinen Bienen magisch anzulocken und verursachen empfindliche Schäden am Nervensystem der Tiere. Nicht nur das Lernvermögen, sondern auch der lebenswichtige Orientierungssinn wird durch die Pestizide beeinträchtigt. Sie stehen daher im Verdacht wesentlicher Verursacher des Bienenschwunds zu sein. Obwohl es 2018 europaweit eine Verschärfung der Regeln zum Freilandeinsatz verschiedener Stoffe gab, ist Chemie in der Landwirtschaft bis auf Weiteres noch immer eine Selbstverständlichkeit.

Was kann mann tun, um Insekten besser zu schützen? Ein Umdenken in der Landwirtschaft ist mittlerweile bitter nötig. Auch die Autoren der Studie sind überzeugt: Ohne die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume, dem Verzicht auf Pestizide (oder zumindest starke Reduktion!) und der Nutzung ökologischer Praktiken, können wir den aktuellen Trend kaum umkehren. Aber es braucht nicht immer die große politische Bühne um etwas zu erreichen. Wenn wir alle ganz bewusst in unseren Gärten wieder Futter- und Nistmöglichkeiten schaffen, ist schon ein erster Schritt getan!

lh

 

 

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